Das Leben spielt Mensch-Ärger-Dich-Nicht mit dir

Das Leben spielt Mensch-Ärger-Dich-Nicht

Und: Wenn nasenbohren eine Brücke baut

Am Donnerstag ging es los, das Spiel. Ich verabschiedete mich von der wunderbaren Familie, bei der ich für 5 Tage wohnen durfte. Es war nicht ganz so leicht zu gehen, aber ich wusste, dass ich gehen soll. Es ging für Kilometer der Mur entlang, eine wunderschöne Strecke. Die Blätter färben sich schon und als die Mur dann beginnt Kurven zu machen sieht es wunderschön aus. Das Ziel ist Werndorf, ein Ort ungefähr 15km südlich von Graz. Als ich ungefähr auf der Höhe des Dorfes bin verlasse ich den Murradweg und gehe Richtung Werndorf. Am Beginn des Ortes komme ich an einem kleinen Fischteich vorbei, wo ein älterer Mann gerade die Fische füttert. Es wäre toll mit ihm ins Gespräch zu kommen denke ich, doch er ist weit weg von mir und sieht beschäftigt und etwas misstrauisch aus. Und während ich so denke, beginne ich wie so oft, wenn ich in Gedanken verloren bin, in der Nase zu bohren. Schon 2 Tage zuvor hatte ich einmal Nasenbluten, was durch das erneute bohren wieder aktiviert wurde und aus der Nase floss. Schnell holte ich ein Taschentuch heraus und stopfte das Leck. Doch meine Hände und meine Nase waren voll Blut. So, dachte ich, finde ich wohl keinen der mich bei sich unterbringt. Also ging ich zu dem Bach neben der Straße um mir die Hände und das Gesicht zu waschen. Dort versperrt mir ein Nutria (ein Biberähnliches Tier, dass im Wasser lebt) den Weg und zeigt mir seine 2 großen Vorderzähne. Ich bin nicht bereit für diesen Kampf, also gehe ich zurück zur Straße und beschließe den Mann am Fischteich zu fragen. Es stellt sich heraus, dass es ein sehr netter Mensch ist. Ich kann mich waschen und wir philosophieren über die Fische. Auch er war nach einer Entlassung bei einer Firma, von der er eine gute Abfertigung bekam, vor der Wahl gestanden: Mache ich eine Weltreise, oder baue ich mir einen Fischteich. Er entschied sich für den Teich. Ich bot ihm an nach einem Jahr wieder zu kommen, dann können wir ausdiskutieren, wer die bessere Entscheidung getroffen hat. Wir lachen.

Werndorf ist ein lang gestreckter Ort. Das Gemeindeamt kann mir nicht wirklich Antwort geben auf die Frage, ob es im Ort jemanden gibt, der bei sich zu Hause oder am Hof Hilfe braucht. Aber ich bekomme 3 Adressen von Unterkünften, die sich alle als belegt herausstellen. Beim Hinausgehen fühle ich mich ziemlich alleine, doch zum Glück lacht neben dem Eingang zum Gemeindeamt ein bekanntes Gesicht von einem Plakat. Das Plakat für den Rote Nasen Lauf in Werndorf, mein Clownfreund Jörn ist darauf zu sehen, lachend mit einem strahlenden Kind am Rücken.

Jetzt beginnt das "Mensch ärger dich nicht" Spiel so richtig. Alle Herbergen die auf dem Weg liegen, es waren sicher an die 6 oder 7, haben keinen Platz mehr. Schockiert merke ich, dass es finster wird, ich aber keine Unterkunft habe. ch habe das Gefühl, keiner schert sich um mich. Alle denken immer nur an sich, ich bin der einzige, der an mich denkt. Ich gehe schon ziemlich ratlos ins Kulturheim des Dorfes und werde dort von 2 Männern in einer Bar in empfang genommen. Sofort fragen sie, was ich suche und in 10 Minuten haben sie mir eine Herberge gefunden. Sie laden mich noch auf ein Getränk ein-"Es heißt ja, Österreich sei das unfreundlichste Land" sagt einer der beiden, dem wolle man entgegenwirken. Toll! Der Haken: Das Quartier ist 8km entfernt, zurück in Richtung Graz, in Kalsdorf. Na gut, wenn dich das Leben auf Los zurückschickt, dann gehst du halt. 

Am Tag zuvor hatte ich mir ein biscchen Kleingeld beim Kellnern in einem Gasthaus verdient, eine tolle Erfahrung. Das Leben sprach auch wieder eine deutliche Lektion aus, als ich beim Quartier in Kalsdorf ankomme, es kostet nämlich genau so viel, wie ich am Vortag verdient habe. Also: Geld bringt dir nur was, wenn du es auch wieder ausgibst. Was du kriegst, sollst du auch wieder geben. 

Am nächsten Tag will ich den Bus zurück nach Werndorf nehmen, um diesen unfairen Spielzug des Lebens wieder auszugleichen, doch es fährt kein Bus...

Also muss ich eine andere Route wählen, ich entscheide mich, statt weiter Richtung Süden, Richtung Westen zu gehen, Richtung Deutschlandsberg. Auf dem Weg dorthin begegnet mir ein netter Ort.

 

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Kommentare: 2
  • #1

    Günter Toth (Sonntag, 01 Oktober 2017 14:54)

    Selten so laut über deine Geschichten gelacht. Du beschreibst und schreibst wunderbar. Mein Nasenbohrer. Dein Papa-Nasenbohrer

  • #2

    Karina Toth (Sonntag, 01 Oktober 2017 20:05)

    Was hab ich da bei der Erziehung verabsäumt??!�
    Schön dass das Leben immer wieder Überraschungen für dich bereit hält und deiner Reise immer wieder neue Wendungen gibt��